Von der Kompetenzebene zur Assessment Center-Beobachtung: Eine methodische Anleitung 

 

Die Verhaltensindikatoren in einem Kompetenzmodell sind üblicherweise situationsübergreifend formuliert und damit zu abstrakt für konkrete Personalinstrumente (wie z. B. den Beobachtungs- und Bewertungsbogen in einem Assessment-Center).

Wie gelangt man nun in der Praxis von den sogenannten „Verhaltensnahen Operationalisierungen“ eines Kompetenzmodells zu den „Konkreten Verhaltensbeobachtungen“ in einem Assessment-Center?

Anhand eines strukturierten Leitfadens sollen die methodischen Schritte – hier speziell für die Kompetenzdimension „Planung u. Organisation“ einer Gruppendiskussion in einem Assessment-Center – aufgezeigt werden.

 

 1. Wissenschaftliche Grundlagen effizienter Verhaltensanker

 1.1 Erkenntnistheoretische und aussagenlogische Anforderungen

Effiziente Verhaltensanker müssen bestimmten wissenschaftlichen Kriterien genügen, um ihre diagnostische Funktion zu erfüllen:

  • Objektivität: Verhaltensanker müssen intersubjektiv nachvollziehbar sein, d.h. verschiedene Beobachter sollten beim gleichen beobachteten Verhalten zu ähnlichen Einschätzungen kommen.
  • Validität: Sie müssen tatsächlich das zugrundeliegende Konstrukt messen, das gemessen werden soll – in diesem Fall die Kompetenz „Planung u. Organisation“.
  • Reliabilität: Die Messung muss zuverlässig sein und bei wiederholter Anwendung zu konsistenten Ergebnissen führen.
  • Trennschärfe: Verhaltensanker müssen zwischen verschiedenen Ausprägungsgraden der Kompetenz differenzieren können.

 

1.2 Sprachtheoretische und empirisch-praktische Anforderungen

Ein qualitativ hochwertiger Verhaltensanker zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

  • Konkretheit: Er beschreibt spezifisches, beobachtbares Verhalten statt abstrakter Eigenschaften oder unterstellter Motive.
  • Eindeutigkeit: Die Beschreibung lässt möglichst keinen Interpretationsspielraum zu.
  • Beobachtbarkeit: Es wird nur Verhalten beschrieben, das tatsächlich wahrnehmbar ist.
  • Positive Formulierung: Statt zu beschreiben, was eine Person nicht tut, sollte der Fokus darauf liegen, was sie tatsächlich tut (statt „Unterbricht andere nicht“, besser „Lässt andere ausreden“).
  • Wertungsfreiheit: Der Anker enthält keine Bewertungen, sondern beschreibt neutral sichtbares Verhalten.
  • Trennschärfe: Die Verhaltensanker verschiedener Kompetenzniveaus überlappen sich nicht.
  • Situationsbezug: Der Verhaltensanker ist für die spezifische Übungssituation (hier: Gruppendiskussion) formuliert.
  • Verhaltensspezifität: Der Anker bezieht sich auf spezifische Verhaltensweisen, nicht auf allgemeine Fähigkeiten.
  • Operationalisierbarkeit: Das beschriebene Verhalten ist eindeutig bestimmbar (ja/nein oder nach Häufigkeit/Intensität).

 

2. Vom Kompetenzmodell zum Beobachtungsbogen: Methodische Schrittfolge

 

Schritt 1: Analyse des Kompetenzmodells und Zielfestlegung

Aus einem vorliegenden Kompetenzmodell (vgl. nachfolgenden Ausschnitt aus dem Unternehmenskompetenzmodell) ist für die Position „Teamleitung“ die Kompetenzdimension „Planung u. Organisation“ zu beobachten und zu bewerten. Gemäß der Kompetenzmatrix umfasst diese für eine Teamleitung folgende fünf Kompetenzkomponenten:

  • Ziele in Absprache mit Junior/Senior Mitarbeitern setzen
  • Taktische Sachverhalte planen
  • Zeit managen
  • Taktische Ressourcen managen
  • Taktische Fortschritte nachverfolgen

Diese Verhaltensweisen beziehen sich auf „Teamstrukturen u. -prozesse oder Produkte u. Leistungen des Teams in einem komplizierten Umfeld für bis zu einem Jahr.“

 

Kompetenz- komponente

Junior Mitarbeiter

Senior Mitarbeiter

Teamleitung

Abteilungsleitung

6.1.1 Ziele setzen

Setzt Ziele in Absprache mit (internen) Kooperationspartnern (Teamleitung, Senior Mitarbeiter etc.) bezogen auf den Arbeitsplatz/Teilprozess oder Fach- u. Routineaufgaben in einem einfachen Umfeld für bis zu drei Monate um.

Setzt Ziele in Absprache mit (internen) Kooperationspartnern (Teamleitung, Junior Mitarbeiter etc.) bezogen auf die Teamfunktion/Teamprozesse oder (neuartige) Fach- u. Organisationsaufgaben in einem einfachen Umfeld für bis zu sechs Monate um.

Setzt Ziele in Absprache mit Junior/Senior Mitarbeitern bezogen auf Teamstrukturen u. -prozesse oder Produkte u. Leistungen des Teams in einem komplizierten Umfeld für bis zu einem Jahr.

Setzt Ziele in Absprache mit Teamleitungen bezogen auf Abteilungsstrukturen u. -prozesse oder Produkte u. Leistungen der Abteilung in einem komplexen Umfeld für ein bis drei Jahre.

6.1.2 Sachverhalte planen

Plant operative Sachverhalte in Absprache mit (internen) Kooperationspartnern (Teamleitung, Senior Mitarbeiter etc.) bezogen auf den Arbeitsplatz/Teilprozess oder Fach- u. Routineaufgaben in einem einfachen Umfeld für bis zu drei Monate.

Plant operative Sachverhalte in Absprache mit (internen) Kooperationspartnern (Teamleitung, Junior Mitarbeiter etc.) bezogen auf die Teamfunktion/Teamprozesse oder (neuartige) Fach- u. Organisationsaufgaben in einem einfachen Umfeld für bis zu sechs Monate.

Plant taktische Sachverhalte in Absprache mit Junior/Senior Mitarbeiter bezogen auf Teamstrukturen u. -prozesse oder Produkte u. Leistungen des Teams in einem komplizierten Umfeld für bis zu einem Jahr.

Plant taktische Sachverhalte in Absprache mit Teamleitungen bezogen auf Abteilungsstrukturen u. -prozesse oder Produkte u. Leistungen der Abteilung in einem komplexen Umfeld für ein bis drei Jahre.

6.1.3 Zeit managen

Managt Zeit in Absprache mit (internen) Kooperationspartnern (Teamleitung, Senior Mitarbeiter etc.) bezogen auf den Arbeitsplatz/Teilprozess oder Fach- u. Routineaufgaben in einem einfachen Umfeld für bis zu drei Monate.

Managt Zeit in Absprache mit (internen) Kooperationspartnern (Teamleitung, Junior Mitarbeiter etc.) bezogen auf die Teamfunktion/Teamprozesse oder (neuartige) Fach- u. Organisationsaufgaben in einem einfachen Umfeld für bis zu sechs Monate.

Managt Zeit in Absprache mit Junior/Senior Mitarbeiter bezogen auf Teamstrukturen u. -prozesse oder Produkte u. Leistungen des Teams in einem komplizierten Umfeld für bis zu einem Jahr.

Managt Zeit in Absprache mit Teamleitungen bezogen auf Abteilungsstrukturen u. -prozesse oder Produkte u. Leistungen der Abteilung in einem komplexen Umfeld für ein bis drei Jahre.

6.1.4 Ressourcen managen

Managt operative Ressourcen in Absprache mit (internen) Kooperationspartnern (Teamleitung, Senior Mitarbeiter etc.) bezogen auf den Arbeitsplatz/Teilprozess oder Fach- u. Routineaufgaben in einem einfachen Umfeld für bis zu drei Monate.

Managt operative Ressourcen in Absprache mit (internen) Kooperationspartnern (Teamleitung, Junior Mitarbeiter etc.) bezogen auf die Teamfunktion/Teamprozesse oder (neuartige) Fach- u. Organisationsaufgaben in einem einfachen Umfeld für bis zu sechs Monate.

Managt taktische Ressourcen in Absprache mit Junior/Senior Mitarbeiter bezogen auf Teamstrukturen u. -prozesse oder Produkte u. Leistungen des Teams in einem komplizierten Umfeld für bis zu einem Jahr.

Managt taktische Ressourcen in Absprache mit Teamleitungen bezogen auf Abteilungsstrukturen u. -prozesse oder Produkte u. Leistungen der Abteilung in einem komplexen Umfeld für ein bis drei Jahre.

6.1.5 Fortschritte nachverfolgen

Verfolgt operative Fortschritte in Absprache mit (internen) Kooperationspartnern (Teamleitung, Senior Mitarbeiter etc.) bezogen auf den Arbeitsplatz/Teilprozess oder Fach- u. Routineaufgaben in einem einfachen Umfeld für bis zu drei Monate nach.

Verfolgt operative Fortschritte in Absprache mit (internen) Kooperationspartnern (Teamleitung, Junior Mitarbeiter etc.) bezogen auf die Teamfunktion/Teamprozesse oder (neuartige) Fach- u. Organisationsaufgaben in einem einfachen Umfeld für bis zu sechs Monate nach.

Verfolgt taktische Fortschritte in Absprache mit Junior/Senior Mitarbeiter bezogen auf Teamstrukturen u. -prozesse oder Produkte u. Leistungen des Teams in einem komplizierten Umfeld für bis zu einem Jahr nach.

Verfolgt taktische Fortschritte in Absprache mit Teamleitungen bezogen auf Abteilungsstrukturen u. -prozesse oder Produkte u. Leistungen der Abteilung in einem komplexen Umfeld für ein bis drei Jahre nach.

 

 

Schritt 2: Kontextanalyse der Assessment Center-Übung

Die Gruppendiskussion als Assessment Center-Methode hat spezifische Charakteristika:

  • Begrenzte Zeit (typischerweise 30-60 Minuten)
  • Interaktion mehrerer Teilnehmer
  • Gemeinsame Aufgabenstellung, die eine Diskussion erfordert
  • Möglichkeit für Teilnehmer, verschiedene Rollen einzunehmen
  • Beobachtbarkeit von Planungs- und Organisationsverhalten

 

Schritt 3: Identifikation beobachtbarer Verhaltensweisen

Für die Kompetenzdimension „Planung u. Organisation“ ist hierbei zu ermitteln, welche konkreten Verhaltensweisen in einer Gruppendiskussion beobachtbar sind:

  1. Ziele setzen:
    • Vorschläge zur Strukturierung der Diskussion machen
    • Zeitvorgaben für Diskussionsabschnitte definieren
    • Zwischenziele für die Gruppe formulieren
    • Ergebnisziele explizit benennen
  1. Taktische Sachverhalte planen:
    • Vorgehensweisen für die Diskussion vorschlagen
    • Methoden zur Problemlösung einbringen
    • Arbeitsschritte sequenzieren
    • Priorisierungen vornehmen
  1. Zeit managen:
    • Auf die verbleibende Zeit hinweisen
    • Diskussionen zeitlich begrenzen
    • Bei Abschweifungen zum Thema zurückführen
    • Tempo der Diskussion anpassen
  1. Taktische Ressourcen managen:
    • Expertise der Gruppenmitglieder einbinden
    • Visualisierungsmittel nutzen
    • Verfügbare Informationen organisieren
    • Aufgaben delegieren
  1. Taktische Fortschritte nachverfolgen:
    • Zwischenstände zusammenfassen
    • Erreichtes mit Zielen abgleichen
    • Offene Punkte benennen
    • Anpassungsbedarf identifizieren
Schritt 4: Formulierung konkreter Verhaltensanker

Nun werden für jede Kompetenzkomponente konkrete Verhaltensanker formuliert, die in der Gruppendiskussion beobachtbar sind. Diese müssen den oben genannten Qualitätskriterien entsprechen.

 

4.1 Beispiel für Komponente „Ziele setzen“

Konkreter Verhaltensanker: „Der Teilnehmer formuliert zu Beginn oder während der Gruppendiskussion mindestens eine konkrete Zielsetzung für die Gruppe (z. B. ‚Unser Ziel sollte sein, drei priorisierte Maßnahmen zu definieren‘).

 

 

Schritt 5: Entwicklung einer Bewertungsskala („Rubric“)

Basierend auf dem Kompetenzmodell entwickeln wir eine dreistufige Skala, die zwischen den Kompetenzniveaus Mitarbeiter, Teamleitung und Abteilungsleitung differenziert:

 

5.1 Beispiel für Komponente „Ziele setzen“

Niveau

Verhaltensanker in der Gruppendiskussion

Mitarbeiter

Formuliert individuelle oder kurzfristige Ziele für sich selbst oder einzelne Diskussionsschritte (z. B. „Ich würde gerne zuerst verstehen, worum es geht“)

Teamleitung

Formuliert konkrete, taktische Ziele für die gesamte Gruppe und den gesamten Diskussionsprozess (z. B. „Wir sollten in den nächsten 15 Minuten drei konkrete Maßnahmen definieren“)

Abteilungsleitung

Formuliert strategische Ziele unter Berücksichtigung komplexer Rahmenbedingungen und längerfristiger Auswirkungen (z. B. „Wir sollten nicht nur Maßnahmen definieren, sondern auch sicherstellen, dass diese mit der Unternehmensstrategie übereinstimmen und nachhaltig umsetzbar sind“ ) 

 

3. Vollständiger Beobachtungsbogen für „Planung u. Organisation“ in der Gruppendiskussion

 

Im Folgenden soll ein vollständiger Beobachtungsbogen mit konkreten Verhaltensankern für jede Komponente und jeweils für die drei Kompetenzniveaus (Mitarbeiter, Teamleitung, Abteilungsleitung) entwickelt werden.

 

3.1 Ziele setzen

Niveau

Verhaltensanker in der Gruppendiskussion

Mitarbeiter

– Äußert eigene Meinungen und Ideen zum Diskussionsthema
– Formuliert punktuelle, kurzfristige Ziele für einzelne Diskussionsabschnitte
– Fragt nach Zielen, anstatt selbst welche zu setzen

Teamleitung

– Formuliert klare Zielsetzungen für den gesamten Diskussionsprozess
– Schlägt zeitliche und inhaltliche Zwischenziele vor
– Bezieht andere Teilnehmer in die Zieldefinition ein
– Sorgt für Konsens über die Ziele in der Gruppe

Abteilungsleitung

– Formuliert strategische Ziele mit Bezug zur übergeordneten Unternehmensperspektive
– Berücksichtigt bei der Zielformulierung komplexe Wechselwirkungen und langfristige Auswirkungen
– Integriert verschiedene Perspektiven in eine kohärente Zieldefinition
– Begründet die gesetzten Ziele mit strategischen Überlegungen

 

3.2 Taktische Sachverhalte planen

Niveau

Verhaltensanker in der Gruppendiskussion

Mitarbeiter

– Macht einfache Vorschläge zur Vorgehensweise
– Plant einzelne Schritte, ohne das Gesamtbild zu berücksichtigen
– Folgt vorgegebenen Planungsstrukturen

Teamleitung

– Strukturiert die Diskussion in logische Abschnitte
– Schlägt eine systematische Vorgehensweise vor (z.B. Analyse, Ideenfindung, Bewertung, Entscheidung)
– Berücksichtigt bei der Planung unterschiedliche Perspektiven und Kompetenzen der Teilnehmer
– Antizipiert mögliche Herausforderungen und plant Alternativen

Abteilungsleitung

– Entwickelt einen strukturierten Plan, der komplexe Zusammenhänge berücksichtigt
– Bezieht übergeordnete Rahmenbedingungen und strategische Faktoren in die Planung ein
– Plant mit Szenarien und Eventualitäten
– Balanciert kurzfristige und langfristige Aspekte in der Planung

 

3.3 Zeit managen

Niveau

Verhaltensanker in der Gruppendiskussion

Mitarbeiter

– Achtet auf die eigene Redezeit
– Fragt nach verbleibender Zeit
– Hält vorgegebene Zeitlimits ein

Teamleitung

– Weist aktiv auf die verbleibende Zeit hin
– Schlägt zeitliche Kontingente für verschiedene Diskussionsabschnitte vor
– Führt bei Abschweifungen zum Thema zurück
– Passt das Tempo der Diskussion an die verfügbare Zeit an

Abteilungsleitung

– Implementiert ein effektives Zeitmanagement-System für die gesamte Diskussion
– Priorisiert Themen nach Wichtigkeit und Dringlichkeit
– Delegiert Zeitverantwortung an andere Teilnehmer
– Trifft bei Zeitknappheit fundierte Entscheidungen zur Anpassung des Plans

 

3.4 Taktische Ressourcen managen

Niveau

Verhaltensanker in der Gruppendiskussion

Mitarbeiter

– Nutzt bereitgestellte Materialien
– Bringt eigenes Wissen ein
– Bittet andere um Unterstützung

Teamleitung

– Identifiziert und nutzt Stärken und Expertise der Gruppenmitglieder
– Organisiert verfügbare Materialien und Informationen
– Teilt Aufgaben entsprechend der Kompetenzen zu
– Sorgt für effiziente Nutzung der Gruppenressourcen (z.B. durch Visualisierungen oder Arbeitsteilung)

Abteilungsleitung

– Schafft Synergien zwischen verschiedenen Ressourcen und Expertisen
– Entwickelt innovative Wege zur Nutzung begrenzter Ressourcen
– Etabliert effiziente Arbeitsmethoden für die Gruppe
– Richtet Ressourceneinsatz an strategischen Prioritäten aus

 
3.5 Taktische Fortschritte nachverfolgen

Niveau

Verhaltensanker in der Gruppendiskussion

Mitarbeiter

– Äußert sich zum aktuellen Stand der Diskussion
– Fragt nach dem Fortschritt
– Weist auf noch zu behandelnde Themen hin

Teamleitung

– Fasst regelmäßig den Diskussionsstand zusammen
– Vergleicht den aktuellen Stand mit den gesetzten Zielen
– Identifiziert noch offene Punkte
– Schlägt bei Abweichungen Korrekturen vor

Abteilungsleitung

– Etabliert ein systematisches Tracking des Diskussionsfortschritts
– Bewertet Zwischenergebnisse kritisch im Hinblick auf übergeordnete Ziele
– Erkennt frühzeitig Trends und Muster
– Leitet bei Abweichungen umfassende Anpassungen ein 

 

4. Integrierter Beobachtungs- und Bewertungsbogen (Rubric)

 

Die entwickelten Verhaltensanker werden anschließend in einen kompakten Beobachtungs- und Bewertungsbogen („Rubric“) integriert, der in der Praxis für die Beobachtung der Gruppendiskussion genutzt werden kann (siehe dazu den beispielhaften Bogen am Ende des Blog-Artikels). 

 

5. Methodische Empfehlungen zur Anwendung

 

Um die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit des entwickelten Beobachtungsbogens sicherzustellen, sind folgende methodische Empfehlungen zu beachten:

 

5.1 Beobachterschulung

Vor dem Einsatz des Beobachtungsbogens sollten alle Beobachter geschult werden:

  • Vermittlung der Kompetenzmodellgrundlagen
  • Training in objektiver Verhaltensbeobachtung
  • Kalibrierung der Bewertungsmaßstäbe
  • Übungen mit Videobeispielen oder Rollenspielen

 

5.2 Übungsgestaltung

Die Gruppendiskussion sollte so gestaltet sein, dass sie Gelegenheiten bietet, die relevanten Verhaltensweisen zu zeigen:

  • Komplexe Problemstellung, die Planung erfordert
  • Begrenzte Zeit, die Zeitmanagement notwendig macht
  • Unterschiedliche Informationen für verschiedene Teilnehmer
  • Notwendigkeit der Ressourcenkoordination
  • Klar definiertes Endergebnis

 

5.3 Beobachtungsprozess

Während der Beobachtung sollten folgende Prinzipien eingehalten werden:

  • Trennung von Beobachtung und Bewertung
  • Detaillierte Dokumentation konkreter Verhaltensbeispiele
  • Fokussierung auf die definierten Verhaltensanker
  • Vermeidung von Halo-Effekten zwischen verschiedenen Kompetenzdimensionen

 

5.4 Auswertung

Die Auswertung sollte methodisch fundiert erfolgen:

  • Separate Bewertung jeder Kompetenzkomponente
  • Berücksichtigung der Häufigkeit und Qualität der gezeigten Verhaltensweisen
  • Beobachterkonferenz zur Konsolidierung verschiedener Perspektiven
  • Transparente Dokumentation der Bewertungsentscheidungen

 

6. Fazit und Ausblick

 

Der vorgestellte methodische Ansatz demonstriert, wie sich vom verhaltensnahen Kompetenzmodell zu konkreten Verhaltensbeobachtungen im Assessment-Center gelangen lässt. Durch die systematische Ableitung spezifischer Verhaltensanker für verschiedene Kompetenzniveaus wird eine objektive, reliable und valide Beobachtung ermöglicht.

Diese Methodik kann auf andere Kompetenzdimensionen und Assessment-Center-Übungen übertragen werden, wobei jeweils die spezifischen Anforderungen der Übungsform zu berücksichtigen sind. Für eine kontinuierliche Qualitätssicherung empfiehlt sich die regelmäßige Überprüfung und Weiterentwicklung der Verhaltensanker auf Basis empirischer Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Assessment-Center-Praxis.

Der entwickelte Beobachtungsbogen stellt ein praktikables Instrument dar, das sowohl wissenschaftlichen Ansprüchen an die Eignungsdiagnostik gerecht wird, als auch den praktischen Anforderungen eines Assessment-Centers entspricht. Er ermöglicht eine differenzierte Beobachtung und Bewertung der Kompetenz „Planung u. Organisation“ auf verschiedenen Niveaustufen und trägt somit zu fundierten Personalentscheidungen bei.

 

Ich werde ein strukturiertes Quellenverzeichnis mit informativen Quellen zur Themenstellung „Von der verhaltensnahen Operationalisierung zum konkreten Verhaltensanker im Assessment-Center“ nach APA-Standard zusammenstellen.

Basierend auf meinen Recherchen erstelle ich nun ein Quellenverzeichnis zum Thema „Von der verhaltensnahen Operationalisierung zum konkreten Verhaltensanker im Assessment-Center“ nach APA-Standard:

 

Quellen

Bartram, D. (2005). The Great Eight competencies: A criterion-centric approach to validation. Journal of Applied Psychology, 90(6), 1185-1203. https://doi.org/10.1037/0021-9010.90.6.1185

Diagnostik- und Testkuratorium (Hrsg.). (2018). Personalauswahl kompetent gestalten: Grundlagen und Praxis der Eignungsdiagnostik nach DIN 33430. Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-53772-5

Höft, S., & Kersting, M. (2018). Anforderungsprofil, Verhaltensbeobachtung und Verhaltensbeurteilung. In Diagnostik- und Testkuratorium (Hrsg.), Personalauswahl kompetent gestalten: Grundlagen und Praxis der Eignungsdiagnostik nach DIN 33430 (S. 27-63). Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-53772-5

Höft, S., & Lüth, N. (2005). Beobachtung und Bewertung im Assessment Center. Gestaltungsmerkmale eines AC-Beobachtungssystems. In K. Sünderhauf, S. Stumpf & S. Höft (Hrsg.), Assessment Center: Von der Auftragsklärung bis zur Qualitätssicherung (S. 164-180). Pabst.

Kurz, R., & Bartram, D. (2002). Competency and individual performance: Modelling the world of work. In I. T. Robertson, M. Callinan, & D. Bartram (Hrsg.), Organizational effectiveness: The role of psychology (S. 227-255). Wiley.

 

 

Beispiel für einen „Beobachtungs- und Bewertungsbogen“:

 

Beobachtungsbogen: Planung u. Organisation in der Gruppendiskussion

Kompetenzmodell: Great Eight „Organisieren und Ausführen“ – Kompetenzdimension „Planung u. Organisation“

 

Beobachtungshinweise
  • Nehmen Sie ausschließlich das tatsächlich gezeigte Verhalten wahr
  • Bewerten Sie nicht die Person, sondern das beobachtete Verhalten
  • Notieren Sie konkrete Verhaltensbeispiele in den dafür vorgesehenen Feldern
  • Bewerten Sie jede Komponente einzeln, ohne Übertragungseffekte

 

Teilnehmer: ___________ Beobachter: __________

 

 

1. Ziele setzen

Beobachtbare Verhaltensweisen: Formuliert Ziele, strukturiert Vorgehen, definiert Endprodukt

Niveau

Verhaltensanker

Beobachtetes Verhalten (ggf. mit Zitaten)

Mitarbeiter

– Äußert eigene Meinungen und Ideen
– Formuliert kurzfristige Ziele für einzelne Diskussionsabschnitte
– Fragt nach Zielen, statt selbst welche zu setzen

 

Teamleitung

– Formuliert klare Zielsetzungen für den gesamten Diskussionsprozess
– Schlägt zeitliche und inhaltliche Zwischenziele vor
– Bezieht andere Teilnehmer in die Zieldefinition ein
– Sorgt für Konsens über die Ziele in der Gruppe

 

Abteilungsleitung

– Formuliert strategische Ziele mit Unternehmensperspektive
– Berücksichtigt komplexe Wechselwirkungen und langfristige Auswirkungen
– Integriert verschiedene Perspektiven in eine kohärente Zieldefinition
– Begründet Ziele mit strategischen Überlegungen

 

Beobachtete Kompetenzstufe:

Mitarbeiter Teamleitung Abteilungsleitung

 

 

2. Taktische Sachverhalte planen

Beobachtbare Verhaltensweisen: Strukturiert Diskussion, entwickelt Vorgehensweise, priorisiert Themen

Niveau

Verhaltensanker

Beobachtetes Verhalten (ggf. mit Zitaten)

Mitarbeiter

– Macht einfache Vorschläge zur Vorgehensweise
– Plant einzelne Schritte ohne Gesamtbild
– Folgt vorgegebenen Planungsstrukturen

 

Teamleitung

– Strukturiert die Diskussion in logische Abschnitte
– Schlägt systematische Vorgehensweise vor
– Berücksichtigt unterschiedliche Perspektiven und Kompetenzen
– Antizipiert Herausforderungen und plant Alternativen

 

Abteilungsleitung

– Entwickelt Plan mit Berücksichtigung komplexer Zusammenhänge
– Bezieht übergeordnete Rahmenbedingungen in Planung ein
– Plant mit Szenarien und Eventualitäten
– Balanciert kurz- und langfristige Aspekte

 

Beobachtete Kompetenzstufe:

Mitarbeiter Teamleitung Abteilungsleitung

 

 

3. Zeit managen

Beobachtbare Verhaltensweisen: Achtet auf Zeitvorgaben, steuert Tempo, verhindert Abschweifungen

Niveau

Verhaltensanker

Beobachtetes Verhalten (ggf. mit Zitaten)

Mitarbeiter

– Achtet auf eigene Redezeit
– Fragt nach verbleibender Zeit
– Hält vorgegebene Zeitlimits ein

 

Teamleitung

– Weist aktiv auf verbleibende Zeit hin
– Schlägt zeitliche Kontingente für Diskussionsabschnitte vor
– Führt bei Abschweifungen zum Thema zurück
– Passt Tempo der Diskussion an verfügbare Zeit an

 

Abteilungsleitung

– Implementiert effektives Zeitmanagement-System
– Priorisiert Themen nach Wichtigkeit und Dringlichkeit
– Delegiert Zeitverantwortung
– Trifft bei Zeitknappheit fundierte Anpassungsentscheidungen

 

Beobachtete Kompetenzstufe: Mitarbeiter Teamleitung Abteilungsleitung

 

 

4. Taktische Ressourcen managen

Beobachtbare Verhaltensweisen: Nutzt Expertise, organisiert Materialien, delegiert Aufgaben

Niveau

Verhaltensanker

Beobachtetes Verhalten (ggf. mit Zitaten)

Mitarbeiter

– Nutzt bereitgestellte Materialien
– Bringt eigenes Wissen ein
– Bittet andere um Unterstützung

 

Teamleitung

– Identifiziert und nutzt Stärken der Gruppenmitglieder
– Organisiert verfügbare Materialien und Informationen
– Teilt Aufgaben entsprechend der Kompetenzen zu
– Sorgt für effiziente Nutzung der Gruppenressourcen

 

Abteilungsleitung

– Schafft Synergien zwischen Ressourcen und Expertisen
– Entwickelt innovative Wege zur Ressourcennutzung
– Etabliert effiziente Arbeitsmethoden
– Richtet Ressourceneinsatz an strategischen Prioritäten aus

 

Beobachtete Kompetenzstufe:

Mitarbeiter Teamleitung Abteilungsleitung

 

 

5. Taktische Fortschritte nachverfolgen

Beobachtbare Verhaltensweisen: Fasst zusammen, identifiziert offene Punkte, schlägt Korrekturen vor

Niveau

Verhaltensanker

Beobachtetes Verhalten (ggf. mit Zitaten)

Mitarbeiter

– Äußert sich zum aktuellen Diskussionsstand
– Fragt nach dem Fortschritt
– Weist auf noch zu behandelnde Themen hin

 

Teamleitung

– Fasst regelmäßig den Diskussionsstand zusammen
– Vergleicht aktuellen Stand mit gesetzten Zielen
– Identifiziert offene Punkte
– Schlägt bei Abweichungen Korrekturen vor

 

Abteilungsleitung

– Etabliert systematisches Tracking des Fortschritts
– Bewertet Zwischenergebnisse kritisch
– Erkennt frühzeitig Trends und Muster
– Leitet bei Abweichungen umfassende Anpassungen ein

 

Beobachtete Kompetenzstufe:

Mitarbeiter Teamleitung Abteilungsleitung

 

 

Gesamtbewertung „Planung u. Organisation“

Komponente

Beobachtetes Niveau

Gewichtung

Gewichtetes Ergebnis

1. Ziele setzen

 

20%

 

2. Taktische Sachverhalte planen

 

20%

 

3. Zeit managen

 

20%

 

4. Taktische Ressourcen managen

 

20%

 

5. Taktische Fortschritte nachverfolgen

 

20%

 

Gesamtergebnis

 

100%

 

Gesamteinschätzung Kompetenzniveau:

Mitarbeiter Teamleitung Abteilungsleitung

 

Zusätzliche Beobachtungen und Kommentare

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