Microsoft People Skills
Die Revolution des Skill-Managements – Chancen und Herausforderungen für Personalleiter und -referenten
In einer Arbeitswelt, die sich rasant durch künstliche Intelligenz (KI), Automatisierung und den ständigen Bedarf an neuen Kompetenzen wandelt, steht das Skill-Management im Zentrum strategischer Personalentscheidungen. Microsoft hat mit der Einführung von „People Skills“ – einer KI-gestützten Funktion innerhalb des Microsoft 365 Copilot und Viva Ökosystems – eine potenziell disruptive Technologie auf den Markt gebracht. Dieser Artikel beleuchtet, was People Skills genau ist, welche technischen und organisatorischen Voraussetzungen für den Einsatz nötig sind, welche Vor- und Nachteile sich für Unternehmen unterschiedlicher Größe ergeben und welche rechtlichen Aspekte, insbesondere in Deutschland, zu beachten sind. Abschließend skizzieren wir mögliche Schritte zur Einführung und ziehen ein Fazit zum aktuellen Stand.
1. Was ist Microsoft People Skills? Definition und Abgrenzung
Microsoft People Skills ist ein KI-gestützter Dienst, der darauf abzielt, die Fähigkeiten und Fertigkeiten (Skills) von Mitarbeitern innerhalb einer Organisation automatisch zu erkennen, zu analysieren und in personalisierten Qualifikationsprofilen darzustellen. Diese Profile werden direkt in die gängigen Microsoft 365-Tools wie Outlook, Teams, Copilot und die Viva-Suite integriert.
- Funktionsweise im Kern: People Skills nutzt die Microsoft Graph API und OpenAI LLM-Modelle, um Daten aus verschiedenen Quellen innerhalb des Microsoft-Ökosystems zu analysieren. Dazu gehören:
- Benutzerprofile und Aktivitäten: Inhalte aus E-Mails, Dokumenten, Chats, Kalendereinträgen und Besprechungen.
- Externe Quellen (optional): Integration mit LinkedIn-Profilen, um ein umfassenderes Bild der Skills zu erhalten.
- Aus diesen Daten werden automatisch Skill-Inferenzen abgeleitet, d. h. das System „schließt“ auf die Fertigkeiten einer Person basierend auf ihrer digitalen Arbeitsweise. Diese Inferenzen werden einer anpassbaren, integrierten Skill-Taxonomie zugeordnet, die in Partnerschaft mit LinkedIn entwickelt wurde und über 16.000 Skills umfasst. Unternehmen können diese Standardtaxonomie nutzen, sie erweitern oder durch eine komplett eigene ersetzen.
- Der „Skills Agent“: Ein zentrales Element ist der neue Skills Agent (auch als Skills Discovery Agent bezeichnet). Dieser Agent ermöglicht es:
- Mitarbeitern: Eigene Skills zu erkunden, zu bearbeiten, zu bestätigen oder die automatische Inferenz zu deaktivieren (Opt-out). Sie können Experten im Unternehmen finden und ihren Entwicklungsbedarf besser verstehen.
- Führungskräften und Personalverantwortlichen: Skill-Lücken im Team oder in der gesamten Organisation zu identifizieren, gezielt nach Mitarbeitern mit bestimmten Fähigkeiten zu suchen, dynamische Projektteams zusammenzustellen und individuelle oder kollektive Entwicklungspläne zu erstellen.
- Abgrenzung zu traditionellen Skill-Management-Ansätzen: Im Gegensatz zu traditionellen, oft manuellen und statischen Methoden (z. B. Excel-Listen, periodische Selbsteinschätzungen), verspricht People Skills eine kontinuierliche, dynamische und weitgehend automatisierte Erfassung und Aktualisierung von Kompetenzprofilen. Es ist direkt in den täglichen Arbeitsfluss („Flow of Work“) integriert.
2. Technische und organisatorische Voraussetzungen für den Einsatz
Die Implementierung von Microsoft People Skills erfordert bestimmte technische Grundlagen und eine sorgfältige organisatorische Vorbereitung.
- Technische Voraussetzungen:
- Lizenzierung: People Skills ist keine separate, kostenpflichtige Anwendung, sondern wird als Teil der Microsoft 365 Copilot und/oder bestimmter Microsoft Viva Lizenzen angeboten. Mitarbeiter, die eine dieser Lizenzen besitzen, sind für die Skill-Inferenz berechtigt. Auch Nutzer mit Basis-Microsoft-365-Lizenzen erhalten Zugriff auf eine verbesserte Skill-Erfahrung (manuelles Hinzufügen von Skills, Suche in der Taxonomie), jedoch ohne die automatische KI-basierte Inferenz.
- Microsoft 365 Umgebung: Eine etablierte Nutzung von Microsoft 365-Diensten (Outlook, Teams, SharePoint, OneDrive etc.) ist grundlegend, da die KI auf den dort generierten Daten basiert.
- Microsoft Graph: Die Aktivierung und Nutzung des Microsoft Graph ist essenziell, da er die Datengrundlage für die Skill-Analyse liefert.
- Admin Center Konfiguration: Die Ersteinrichtung erfolgt im Microsoft 365 Admin Center. Microsoft gibt an, dass die initiale Konfiguration mit den empfohlenen Einstellungen weniger als fünf Minuten dauert. Administratoren haben hier weitreichende Kontrollmöglichkeiten bezüglich Datenschutz und Sichtbarkeit.
- Organisatorische Voraussetzungen:
- Datenschutz und Compliance (siehe auch Punkt 4): Klärung aller datenschutzrechtlichen Aspekte (insbesondere DSGVO in Deutschland) und Einbindung des Datenschutzbeauftragten.
- Mitbestimmung: Frühzeitige Einbindung des Betriebsrats ist unerlässlich. Es muss eine Betriebsvereinbarung über Zweck, Auswertung, Löschfristen und den Umgang mit den Skill-Daten getroffen werden.
- Change Management (siehe auch Punkt 5): Mitarbeiter und Führungskräfte müssen über die Funktionsweise, den Nutzen und die Kontrollmöglichkeiten (z. B. Opt-out) informiert und geschult werden. Akzeptanz ist ein Schlüsselfaktor.
- Skill-Taxonomie-Management: Entscheidung, ob die Standardtaxonomie genutzt, angepasst oder eine eigene importiert wird. Dies erfordert oft eine Harmonisierung bestehender, unternehmensspezifischer Skill-Kataloge mit der Microsoft-Struktur (z. B. Übersetzung englischer Begriffe, Entfernung von Dubletten, Ergänzung tarif- oder branchenspezifischer Skills).
- Governance: Festlegung klarer Richtlinien, wer auf welche Skill-Daten zugreifen darf, wie mit den Ergebnissen der Skill-Analyse umgegangen wird und wer für die Pflege und Qualitätssicherung der Skill-Daten (auch der manuell hinzugefügten) verantwortlich ist.
3. Vor- und Nachteile im Vergleich zum Status Quo
Die Einführung von Microsoft People Skills bietet signifikante Potenziale, birgt aber auch Herausforderungen.
- Vorteile:
- Automatisierung und Effizienz:
- Große Unternehmen & KMUs: Reduziert den manuellen Aufwand für die Erfassung und Pflege von Skill-Profilen erheblich. Informationen, die früher mühsam aus Lebensläufen, Projektberichten oder Mitarbeitergesprächen extrahiert werden mussten, stehen nun quasi in Echtzeit zur Verfügung.
- Transparenz über vorhandene Skills:
- Große Unternehmen & KMUs: Bietet einen aktuellen Überblick über die im Unternehmen vorhandenen Kompetenzen und potenziellen Skill-Lücken. Dies ist besonders in großen, dezentralen Organisationen wertvoll, aber auch für KMUs, die oft implizites Wissen sichtbar machen müssen.
- Verbesserte Talentmobilität und Projektbesetzung:
- Große Unternehmen & KMUs: Ermöglicht das schnelle Finden interner Experten für Projekte oder zur Besetzung offener Stellen, was externe Rekrutierungskosten senken und die Mitarbeiterbindung durch interne Entwicklungschancen erhöhen kann.
- Datengestützte Personalentwicklung:
- Große Unternehmen & KMUs: Liefert eine solide Datenbasis für die strategische Personal- und Weiterbildungsplanung. Lernbedarfe können präziser identifiziert und Trainingsmaßnahmen zielgerichteter angeboten werden.
- Integration in den Arbeitsalltag:
- Große Unternehmen & KMUs: Da es in die gewohnten Microsoft-Tools integriert ist, ist die Hürde zur Nutzung geringer als bei separaten Spezialtools.
- Keine zusätzlichen Lizenzkosten (bei vorhandener Copilot/Viva-Lizenz):
- Große Unternehmen & KMUs: Für Unternehmen, die bereits in Copilot oder Viva investiert haben, entsteht kein weiterer Kostenblock für ein dediziertes Skill-Management-Tool. Dies kann insbesondere für KMUs attraktiv sein.
- Demokratisierung des Skill-Managements
- KMUs: Auch kleinere Unternehmen ohne große HR-Abteilungen oder teure Spezialsoftware erhalten Zugang zu fortschrittlichen Skill-Management-Funktionen.
- Automatisierung und Effizienz:
- Nachteile und Herausforderungen:
- Datenqualität und Bias-Risiko:
- Große Unternehmen & KMUs: Die Qualität der Skill-Inferenzen hängt stark von der Qualität und dem Umfang der zugrundeliegenden Daten ab. Die KI kann bestehende Vorurteile aus der Kommunikation (z. B. wer wird häufiger für bestimmte Aufgaben erwähnt) übernehmen und zu verzerrten Skill-Profilen führen. Soft Skills sind schwerer automatisiert zu erkennen.
- Datenschutz und Akzeptanz (siehe auch Punkt 4):
- Große Unternehmen & KMUs: Die automatische Analyse von Mitarbeiterdaten ist sensibel. Ohne transparente Kommunikation, klare Opt-out-Möglichkeiten und die Einhaltung der DSGVO drohen Akzeptanzprobleme und rechtliche Risiken.
- Fehlzuordnungen durch KI-Inferenzfehler:
- Große Unternehmen & KMUs: Die KI ist nicht fehlerfrei. Falsche oder veraltete Skill-Zuordnungen können zu Fehlentscheidungen bei Besetzungen oder Gehaltsrunden führen, wenn die Daten ungeprüft verwendet werden.
- Abhängigkeit vom Microsoft-Ökosystem (Lock-in):
- Große Unternehmen & KMUs: Skill-Daten liegen im Microsoft Graph. Ein späterer Wechsel zu einer anderen Plattform oder die Integration mit Non-Microsoft-HR-Systemen kann aufwändig sein, obwohl Microsoft Schnittstellen ankündigt.
- „Versteckte“ Kosten und Aufwände:
- Große Unternehmen & KMUs: Obwohl die Basisfunktion lizenzkostenfrei sein kann (bei vorhandenen Lizenzen), entstehen Aufwände für die Implementierung, das Change-Management, die Harmonisierung der Taxonomie, die Datenschutzprüfung und die Schulung von Mitarbeitern und Führungskräften. Für vollen Funktionsumfang könnten zusätzliche Viva-Module nötig werden.
- Fokus auf digitale Fußabdrücke:
- Große Unternehmen & KMUs: Mitarbeiter, deren Arbeit weniger digitale Spuren in Microsoft 365 hinterlässt (z. B. in der Produktion, im Außendienst ohne intensive Office-Nutzung), könnten unvollständige oder ungenaue Skill-Profile erhalten.
- Komplexität der Steuerung und Governance:
- Große Unternehmen: In großen Organisationen mit vielfältigen Bereichen und Datenschutzanforderungen kann die Konfiguration der Sichtbarkeits- und Inferenzregeln komplex werden.
- Datenqualität und Bias-Risiko:
4. Rechtliche Herausforderungen (insbesondere DSGVO in Deutschland)
Die Einführung von Microsoft People Skills in Deutschland und der EU unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen, primär der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).
- Personenbezug und Verarbeitungszweck: Automatisch erstellte Skill-Profile sind eindeutig personenbezogene Daten. Die Verarbeitung dieser Daten (Erhebung, Speicherung, Analyse, Nutzung) bedarf einer klaren Rechtsgrundlage gemäß Art. 6 DSGVO. Dies könnte das berechtigte Interesse des Arbeitgebers (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) sein, erfordert aber eine sorgfältige Interessenabwägung. Eine Einwilligung der Mitarbeiter (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO) ist eine weitere Möglichkeit, muss aber freiwillig und widerrufbar sein.
- Transparenz und Informationspflichten (Art. 13, 14 DSGVO): Mitarbeiter müssen umfassend darüber informiert werden, welche Daten zu welchem Zweck verarbeitet werden, wie die Skill-Inferenzen zustande kommen, wer Zugriff auf die Daten hat und welche Rechte sie haben (Auskunft, Berichtigung, Löschung, Widerspruch).
- Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA, Art. 35 DSGVO): Aufgrund der potenziell hohen Risiken für die Rechte und Freiheiten der Mitarbeiter (z. B. durch Profiling, automatisierte Entscheidungen im Personalbereich) ist eine DSFA wahrscheinlich erforderlich.
- Betriebsratsmitbestimmung (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG): Die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, unterliegt der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats. People Skills fällt hierunter. Eine Betriebsvereinbarung ist unerlässlich.
- Datenqualität und Richtigkeit (Art. 5 Abs. 1 lit. d DSGVO): Unternehmen müssen sicherstellen, dass die verarbeiteten Skill-Daten sachlich richtig und auf dem neuesten Stand sind. Mechanismen zur Korrektur falscher Inferenzen sind notwendig.
- Datenminimierung und Speicherbegrenzung (Art. 5 Abs. 1 lit. c, e DSGVO): Es dürfen nur die für den Zweck notwendigen Daten verarbeitet und nicht länger als erforderlich gespeichert werden. Löschkonzepte sind zu entwickeln.
- Sicherheit der Verarbeitung (Art. 32 DSGVO): Geeignete technische und organisatorische Maßnahmen (TOMs) müssen implementiert werden, um die Sicherheit der Skill-Daten zu gewährleisten (z. B. Zugriffskontrollen, Verschlüsselung).
- Risiko des „gläsernen Mitarbeiters“ und Überwachung: Es muss sichergestellt werden, dass die Technologie nicht zu einer unzulässigen Leistungs- oder Verhaltenskontrolle missbraucht wird.
- US-Cloud-Risiken (Schrems II-Thematik): Da Microsoft ein US-Unternehmen ist, müssen die Risiken des Datenzugriffs durch US-Behörden im Kontext der Schrems II-Urteile bewertet und ggf. durch zusätzliche Maßnahmen minimiert werden (obwohl Microsoft hier europäische Rechenzentren und Vertragsklauseln anbietet).
Empfehlung: Eine enge Zusammenarbeit mit dem Datenschutzbeauftragten und Rechtsberatern ist bei der Einführung von People Skills unabdingbar.
5. Mögliche Schritte zur Software-Einführung und zum Betrieb
Eine erfolgreiche Implementierung von Microsoft People Skills erfordert ein strukturiertes Projekt- und Change-Management.
- Phase 1: Vorbereitung und Planung
- Projektteam bilden: Vertreter aus HR/PE, IT, Datenschutz, Betriebsrat und relevanten Fachbereichen.
- Ziele definieren: Was soll mit People-Skills erreicht werden (z. B. bessere Projektbesetzung, gezieltere Weiterbildung, Identifikation von Experten)?
- Rechtliche und datenschutzrechtliche Prüfung: DSFA durchführen, Betriebsvereinbarung vorbereiten/verhandeln.
- Technische Voraussetzungen prüfen: Lizenzen klären, Microsoft 365-Nutzungsgrad analysieren.
- Skill-Taxonomie-Strategie festlegen: Standard nutzen, anpassen oder eigene importieren? Stakeholder einbeziehen.
- Kommunikations- und Change-Management-Plan entwickeln: Wie werden Mitarbeiter und Führungskräfte informiert und eingebunden?
- Phase 2: Technische Implementierung und Pilotierung
- Konfiguration im Admin Center: Grundeinstellungen vornehmen (Inferenz an/aus, Sichtbarkeitsregeln für Pilotgruppe).
- Pilotgruppe auswählen: Repräsentativer Querschnitt oder spezifischer Bereich.
- Schulung der Pilotgruppe: Funktionsweise, Nutzen, Bearbeitungsmöglichkeiten der Profile, Feedback-Kanäle.
- Technische Tests: Funktionieren der Inferenz, Datenqualität, Integrationen (z. B. LinkedIn, LinkedIn Learning).
- Feedback sammeln und auswerten: Erfahrungen der Pilotnutzer, Qualität der Skill-Vorschläge.
- Phase 3: unternehmensweiter Rollout
- Anpassungen basierend auf Pilot-Feedback: Ggf. Nachjustierung der Konfiguration oder Taxonomie.
- Breite Kommunikation und Schulung: Alle Mitarbeiter und Führungskräfte informieren und schulen. FAQs und Support-Material bereitstellen.
- Sukzessiver oder Big-Bang-Rollout: Je nach Unternehmensgröße und -kultur.
- Aktivierung der Skill-Inferenz für alle berechtigten Nutzer.
- Phase 4: Betrieb, Monitoring und kontinuierliche Verbesserung
- Regelmäßiges Monitoring der Datenqualität: stichprobenartige Überprüfung der Skill-Profile.
- Analyse der Nutzungsdaten: Wie wird der Skills Agent genutzt? Welche Skills werden gesucht?
- Feedback-Schleifen etablieren: Kontinuierliches Einholen von Nutzerfeedback.
- Anpassung der Taxonomie: Regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung der Skill-Liste.
- Erfolgsmessung: Überprüfung der initial definierten Ziele (z. B. hat sich die Time-to-Hire für bestimmte Rollen verbessert?).
- Weiterentwicklung der Anwendungsfälle: Neue Nutzungsszenarien für People Skills identifizieren und umsetzen (z. B. Integration in strategische Personalplanung, Nachfolgeplanung).
Change Management ist entscheidend: Die Mitarbeiter müssen den Mehrwert für sich selbst erkennen (z. B. bessere Sichtbarkeit der eigenen Kompetenzen, passende Weiterbildungsvorschläge, interessante Projektausschreibungen) und Vertrauen in den Umgang mit ihren Daten haben. Führungskräfte müssen geschult werden, wie sie die Skill-Daten für eine faire und effektive Team- und Personalentwicklung nutzen können.
6. Mögliche Alternativen im Wettbewerbsumfeld
Obwohl Microsofts Ansatz durch die tiefe Integration in die tägliche Arbeitsumgebung disruptiv wirkt, ist das Thema Skill Management im HR-Tech-Markt keineswegs neu. Etablierte Anbieter von Human Capital Management (HCM)-Systemen bieten seit Jahren eigene, hoch entwickelte Lösungen an, die sich jedoch strategisch von Microsofts Ansatz unterscheiden. Ihr Hauptvorteil liegt in der tiefen Verzahnung mit Kern-HR-Prozessen.
- SAP (SuccessFactors): Mit dem Talent Intelligence Hub bietet SAP eine zentrale Plattform, um Skills zu verwalten. Die Stärke liegt in der nativen Integration in die SuccessFactors-Suite. Skill-Daten können hier direkt für Module wie Recruiting, Learning, Performance Management und Nachfolgeplanung genutzt werden. Die KI-gestützte Generierung von Skill-Profilen ist Teil der „SAP Business AI“-Strategie, deren Reifegrad sich im Markt jedoch noch beweisen muss.
- Oracle (Fusion Cloud HCM): Oracle integriert mit Dynamic Skills eine Lösung, die ebenfalls auf KI-gestützte Skill-Erkennung aus verschiedenen Datenquellen setzt. Der entscheidende Vorteil ist die nahtlose Einbettung in das gesamte Oracle HCM-Ökosystem. Dadurch können Skill-Informationen direkt mit Vergütungs-, Performance- und Karriereplanungs-Workflows verknüpft werden – eine Tiefe, die ein reines Produktivitätstool wie Microsoft 365 nicht standardmäßig bietet.
- Weitere Spezialanbieter: Der Markt umfasst zudem zahlreiche weitere wichtige Akteure wie Workday (mit der Skills Cloud), Eightfold oder Gloat. Diese Plattformen sind oft systemagnostisch oder ebenfalls Teil einer umfassenden HCM-Lösung und haben sich auf die Erstellung detaillierter „Workforce Graphs“ und die Optimierung der internen Talentmobilität spezialisiert.
Im Gegensatz zu diesen Anbietern, deren Fokus auf der Integration in HR-Systeme liegt, zielt Microsoft darauf ab, Skill-Management direkt in den „Flow of Work“ innerhalb von M365 und Teams zu bringen und es so für eine breitere Masse an Unternehmen zugänglich zu machen.
7. Fazit zum gegenwärtigen Zeitpunkt
Microsoft People Skills stellt einen potenziell transformativen Schritt im Bereich des Skill Managements dar. Die Vision, Skill-Daten automatisiert, dynamisch und integriert im täglichen Arbeitsfluss verfügbar zu machen, ist für Personalleiter und -referenten äußerst attraktiv.
- Große Chancen: Die Demokratisierung des Skill-Managements, die verbesserte Transparenz und die Möglichkeit, Personalentscheidungen datengestützter zu treffen, sind signifikante Vorteile für Unternehmen jeder Größe. Insbesondere die Integration ohne zusätzliche Lizenzkosten für bestehende Copilot/Viva-Nutzer senkt die Einstiegshürde erheblich.
- Erhebliche Herausforderungen: Die größten Hürden liegen im Datenschutz, der Mitbestimmung und der Notwendigkeit eines robusten Change-Managements. Die Qualität der KI-basierten Skill-Inferenzen und das Risiko von Bias müssen kritisch betrachtet und gemanagt werden. Unternehmen dürfen sich nicht blind auf die Technologie verlassen, sondern müssen Prozesse zur Validierung und Korrektur etablieren.
- Marktveränderung: People Skills hat das Potenzial, den Markt für spezialisierte Skill-Management-Software stark zu beeinflussen. Bestehende Anbieter müssen ihr Leistungsversprechen neu definieren und sich möglicherweise auf Nischen, tiefere Analysen oder branchenspezifische Lösungen fokussieren, die über die reine Produktivitätsumgebung hinausgehen. Insbesondere große Anbieter wie SAP (mit dem Talent Intelligence Hub) und Oracle (mit Dynamic Skills) werden ihre Stärke in der tiefen Integration in ihre umfassenden HCM-Suiten betonen, wo Skill-Daten direkt mit Prozessen wie Nachfolgeplanung, Vergütung und Performance Management verknüpft sind.
- Noch in der Entwicklung: Obwohl Microsoft die allgemeine Verfügbarkeit für Mai/Juni 2025 angekündigt hat (Stand der Quellenlage), handelt es sich um eine Technologie, die sich weiterentwickeln wird. Die ersten Versionen könnten noch Kinderkrankheiten aufweisen, und der volle Funktionsumfang wird sich erst mit der Zeit entfalten.
Für Personalleiter und -referenten bedeutet dies: Microsoft People Skills ist eine Technologie, die man genau im Auge behalten sollte. Sie bietet die Chance, das Skill Management im Unternehmen grundlegend zu modernisieren. Eine proaktive Auseinandersetzung mit den technischen Möglichkeiten, den organisatorischen Anforderungen und den rechtlichen Rahmenbedingungen ist jetzt geboten. Wer die Einführung sorgfältig plant, Datenschutz und Mitbestimmung von Anfang an berücksichtigt und ein kluges Change Management betreibt, kann People Skills zu einem wertvollen strategischen Werkzeug für die Zukunftsfähigkeit des eigenen Unternehmens machen. Es ist keine „Plug-and-Play“-Lösung für alle Skill-Herausforderungen, aber ein mächtiger neuer Baustein im HR-Tech-Ökosystem.
8. Weiterführende Quellen
- Bersin, J. (2025, April 23). Microsoft Launches People Skills In Copilot, Altering The HR Tech Market. Josh Bersin. https://joshbersin.com/2025/04/microsoft-launches-people-skills-in-copilot-altering-the-hr-tech-market/
- Brickwedde, W. (2025, April 29). Kostenfreies Skills Management von Microsoft? Wie reagiert die Konkurrenz? LinkedIn. https://de.linkedin.com/pulse/neu-kostenfreies-skills-management-von-microsoft-wie-die-brickwedde-gnukf
- Heil, R. (2025, April 24). Microsoft Viva People Skills: Wie ein neues Daten-Ökosystem Ihre Organisation für die KI-Ära rüstet. Employee Experience. https://employee-experience.cc/microsoft-viva-people-skills-wie-ein-neues-daten-okosystem-ihre-organisation-fur-die-ki-ara-rustet/
- Microsoft. (2025, April 23). Announcing People Skills general availability and new Skills agent. Microsoft Community Hub. https://techcommunity.microsoft.com/t5/microsoft-365-copilot-blog/announcing-people-skills-general-availability-and-new-skills/ba-p/4406364 (Hinweis: Der Original-Link aus Ihrer Suche führte zu einem Blogpost von John Mighell, der sehr detailliert ist.)
- Microsoft Learn. (2025, Juni 10). Übersicht über Personen Skills. Microsoft Learn. https://learn.microsoft.com/de-de/copilot/microsoft-365/people-skills-overview
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